Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom. Was erstmal paradox klingt ist leider wahr. ,,Normaler Ökostrom“ ist nämlich nicht das, was die meisten darunter verstehen würden. Und vor allem: ,,Normaler Ökostrom“ hat meist keine Wirkung auf die Energiewende, weil sich dahinter nur Graustrom unter einem grünen Deckmantel verbirgt. Echter Ökostrom schafft da eine Alternative. Er liefert Strom, der wirklich aus erneuerbaren Energien stammt und einen echten Mehrwert für die Energiewende generiert.
Dieser Artikel erklärt ausführlich was Ökostrom in Deutschland eigentlich bedeutet, welche Probleme daraus entstehen, wie echter Ökostrom dafür eine Alternative schafft und wie und woran man echten Ökostrom überhaupt erkennt.
Um die Frage nach „echtem Ökostrom“ zu beantworten, muss erst definiert werden, was normaler Ökostrom überhaupt ist. Und das ist gar nicht so leicht. Ökostrom ist in Deutschland nämlich kein eindeutig (rechtlich) definierter Begriff. Ganz im Gegensatz zu Österreich: Dort ist Ökostrom klar definiert als ,,elektrische Energie aus erneuerbaren Energien“. ,,Erneuerbare Energien“ wiederum sind definiert als ,,erneuerbare, nichtfossile Energieträger (Wind, Sonne, Erdwärme, Wellen- und Gezeitenenergie, Wasserkraft, Biomasse, Abfall mit hohem biogenen Anteil, Deponiegas, Klärgas und Biogas), einschließlich Tiermehl, Ablauge oder Klärschlamm“. Doch wie sieht es in Deutschland aus?
Zunächst wird Ökostrom oft als gleichbedeutend mit ,,Grünstrom“ oder ,,Naturstrom“ genutzt. Häufig findet man in Deutschland eine Definition, die ausschließlich auf die Herkunft des Stroms eingeht – die also festlegt, wie der Strom produziert wurde. So zum Beispiel das Umweltbundesamt, das definiert ,,Ökostrom ist der Bezug von Strom aus erneuerbaren Energien“. Dazu kommt häufig noch die Komponente „Umweltfreundlichkeit“. So schreibt der Duden ,,Strom, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird und daher als umweltfreundlich gilt“. Etwas komplizierter wird es, wenn die Förderung erneuerbarer Energien in die Definition mit aufgenommen wird. Zum Beispiel definiert die Bundesnetzagentur Ökostrom als ,,Stromtarif […], der aufgrund von Ökostrom-Labeln oder Strom-Kennzeichnung als Stromtarif mit besonderer Relevanz des Anteils/der Förderung der effizienten oder regenerativen Energiegewinnung ausgewiesen wird“.
Welche Bedeutung haben diese unterschiedlichen Definitionen jetzt aber in der ,,Praxis“ – also für die Stromverbraucher? Beziehungsweise: Was bedeutet es, wenn ein Verbraucher einen Ökostromtarif hat?
Grundsätzlich halten sich die meisten Stromanbieter in Deutschland an die erste und schwächste Definition von Ökostrom. Sie beziehen sich also auf die Herkunft des Stroms und diese Herkunft wird in ganz Europa durch einen so genannten Herkunftsnachweis (HKN) bescheinigt. Umgangssprachlich sagt ein solcher Herkunftsnachweis etwas aus wie „100 kWh Strom wurden in Kraftwerk x mit Technologie y produziert“.
Das Problem: Diese Herkunftsnachweise dürfen getrennt von dem eigentlichen Strom gehandelt werden. Die Konsequenz: Ein Stromanbieter kann seinen Strom aus fossilen Brennstoffen (also z.B. Kohle-, Gas- oder Atomstrom) umlabeln. Das heißt: Ein Stromanbieter produziert Kohlestrom, kauft zusätzlich einen Herkunftsnachweis ein und verkauft beides zusammen als Ökostrom. Hier erfährst du mehr über den Ökostromschwindel durch Herkunftsnachweise.
Dieses System täuscht nicht nur den Verbraucher, sondern verhindert auch die Energiewende auf politischer Ebene. Insbesondere ermöglicht dies auch die Querfinanzierung von Kohle-, Gas- und Atomstrom.
Und genau dieses Problem löst das Konzept von echtem Ökostrom. Echter Ökostrom geht nämlich einen Schritt weiter und bezieht sich nicht nur auf die Herkunft des Stroms, sondern erfüllt auch die dritte, vorher genannte, Definition von Ökostrom. Und zwar, dass durch echten Ökostrom ein echter Mehrwert für die Energiewende entstehen muss. Echter Ökostrom ist also genau das, an was die meisten Menschen denken, wenn sie Ökostrom hören.
Aber woran kann man echten Ökostrom erkennen? Welche Kriterien muss echter Ökostrom erfüllen, damit sichergestellt ist, dass er wirklich zur Energiewende beiträgt? Die folgenden drei Kriterien liefern die Antwort.
Wir haben erläutert, dass der reine Einkauf eines Herkunftsnachweises nicht ausreicht um die Energiewende zu fördern. Echter Ökostrom tut aber genau das – allerdings über ganz verschiedene Wege. Erkennbar ist das meist daran, dass der Anbieter einen „zusätzlichen Ausbau von erneuerbaren Energien“ verspricht. Dies passiert manchmal durch einen festen Betrag (meist zwischen 0,3 und 1 Cent/kWh), der in Energiewende-Projekte investiert wird. In anderen Fällen zeichnet sich das besondere Engagement für die Energiewende auch durch den Weiterbetrieb von alten Öko-Kraftwerken oder den Bau neuer Anlagen aus. In beiden Fällen urteilt das Umweltbundesamt, dass ein deutlicher Nutzen für die Energiewende klar erkennbar ist.
Übrigens muss diese Förderung über die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hinausgehen. Diese leistet nämlich nicht der Anbieter, sondern die Stromverbraucher über die EEG-Umlage. Eine Investition durch den Anbieter selbst findet nicht statt. Der Anbieter sammelt diese Umlage lediglich ein. Gerade unechte Ökostromanbieter nutzen diese EEG-Umlage jedoch häufig, um sich selbst grüner zu waschen, als sie eigentlich sind.
Weiterhin darf ein echter Ökostromanbieter nur echte Ökostromtarife anbieten. Also nur Tarife, die die hier genannten Kriterien erfüllen. Enthält der Anbieter nämlich auch Kohle-, Gas- oder Atomstromtarife findet zwangsläufig eine Querfinanzierung von diesem grauen Strom statt. Querfinanzierung bedeutet, dass der Anbieter die Profite durch seine Ökostromkunden dazu nutzt, andere Technologien (also z.B. Kohlekraft) weiter zu betreiben und somit zu finanzieren. Abgesehen von dem Schaden für die Umwelt, ist das auch nicht im Sinne der Ökostromkunden. Übrigens: Diese zusätzliche Finanzierung ist vor allem auch notwendig, weil erneuerbare Energien schon lange deutlich günstiger Strom produzieren können, als fossile Energieträger (Greenpeace energy, 2011).
Auch darf ein echter Ökostromanbieter nicht an Kohle- oder Atomstromkraftwerken beteiligt sein. Das klingt auf Anhieb erstmal einfacher als es ist. Oft lagern nämlich große Stromkonzerne ihr Ökostromanbieter an eine Tochtergesellschaft aus. Diese Tochtergesellschaft wirkt dann wie ein echter Ökostromanbieter, weil nur Ökostromtarife angeboten werden. Das Problem: Die Gewinne dieser Tochtergesellschaft fließen in den Dachkonzern. Und dieser kann das Geld wiederum nutzen, um Kohle-, Gas- und Atomstrom weiter zu finanzieren. Weiterhin kann das Geld dazu genutzt. werden um durch Lobbyarbeit eine beschleunigte Energiewende auf politischer Ebene zu verhindern.
Das letzte, wichtige Kriterium für echten Ökostrom ist, dass der Strom ausschließlich mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Das scheint eigentlich offensichtlich, ist aber nicht selbstverständlich. Die meisten deutschen Stromanbieter liefern in Ökostromtarifen nämlich weiterhin Graustrom, den sie mit Herkunftsnachweisen grün waschen. Nur wenn das erfüllt ist, ändert die Tarifauswahl des Kunden auch etwas am Gesamtstrommix. Am besten ist es, wenn ein Ökostromversorger die Herkunft seines Stroms transparent auf dessen Website darstellt.
Folgend aus dem zweiten Kriterium muss auch der gesamte Strommix eines echten Ökostromanbieters aus 100 % erneuerbaren Energie bestehen. Sonst kann der Stromanbieter nämlich den Ökostromanteil zwischen verschiedenen Kundengruppen umschichten. Das ist z.B. der Fall, wenn der Anbieter den Geschäftskundenbereich nicht mit ausschließlich Ökostrom versorgt. Dann kann er nämlich die Ökostrommenge aller Geschäftskunden zu den Privathaushalten schieben während der Gesamtstrommix gleichbeleibt. Und wenn der Gesamtstrommix gleich bleibt, gibt es keinen Fortschritt für die Energiewende.
Das gleiche kann auch dann passieren wenn Du zu einem solchen Anbieter wechselst. Theoretisch erhältst du 100 % Ökostrom – dieser wird jedoch oft nur aus einem anderen Kundensegment abgezogen.
Ein Beispiel wie das aussehen kann:
Wie kann man jetzt aber überprüfen, ob ein Anbieter echten Ökostrom liefert? Beziehungsweise: Woher weiß man, ob der eigene Anbieter nur greenwashing betreibt? Die Überprüfung der oben genannten Kriterien ist nämlich gar nicht so einfach. Die folgenden 4 Schritte erklären grob wie man vorgehen kann.
Die gute Nachricht: All diese Schritte muss man nicht selbst durchführen. Wir haben fast alle deutschen Stromanbieter überprüft und die Ergebnisse in einer Datenbank zusammengefasst und gespeichert. shiftee aktualisiert und erweitert diese Datenbank fortlaufend. In unserem Anbietercheck kannst Du auf all diese Ergebnisse kostenlos zugreifen und Deinen Anbieter in weniger als 10 Sekunden überprüfen.
Übrigens: In Deutschland gibt es zwischen 1000 und 1300 Stromanbieter. Von dieser riesigen Menge erfüllen nach aktuellem Stand nur 30 die Kriterien für echten Ökostrom. Eine traurige Quote.
Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom. Die meisten ,,Ökostromanbieter“ betreiben nur Greenwashing und führen ihre Kundinnen und Kunden hinters Licht. Gerade deshalb ist bei der Wahl des Stromanbieters Vorsicht geboten. Wir empfehlen mithilfe unseres Anbieterchecks den eigenen Anbieter zu überprüfen und, bei einem negativen Ergebnis, einen Wechsel vorzunehmen. Auf shiftee kann man echte Ökostromanbieter transparent vergleichen und in nur 7 Minuten den Wechsel vornehmen. Schnell, einfach und unkompliziert.
Übrigens: Echter Ökostrom ist nicht unbedingt teurer als unechter Ökostrom. Die hohe Qualität von echtem Ökostrom kann nicht den kleinsten Preis haben, aber sie ist auch nicht unbezahlbar. Die paar Euro im Monat, die ein anderer Tarif möglicherweise günstiger ist, haben nämlich in Wahrheit einen sehr hohen Preis. Umweltschutz zu betreiben ist nämlich wesentlich teurer als keinen Umweltschutz zu betreiben (SZ, 2020).