Änderungen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG-Novelle)

Die neue EEG-Novelle soll den stockenden Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland wieder in Schwung bringen

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat zum 28.02.2022 einen Entwurf zur Erneuerung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) aus dem Jahr 2000 vorgelegt. Damit verfolgt die neue Bundesregierung die im Koalitionsvertrag festgesetzte Mission, „den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen“. Die angestrebte EEG-Novelle würde die größte Änderung des EEGs seit dessen Einführung bedeuten und soll im Rahmen des Sofortprogramms („Osterpaket“) noch im Sommer 2022 umgesetzt werden.

Im Kern besteht die EEG-Novelle aus drei zentralen Bestandteilen: Dem Setzen von ambitionierten Ausbauzielen in allen Bereichen, dem Bekämpfen von Ausbauhürden und der Entlastung von Endverbrauchern. Konkret bedeutet das für Verbraucher: Eine Senkung der Strompreise um ca. 3,7 Cent pro kWh ab Juli 2022.

Wir werfen zuerst einen Blick auf die groben Hintergründe des EEGs, dann verschaffen wir einen Überblick über die Maßnahmen der neuen EEG-Novelle und zuletzt beleuchten wir die Hintergründe dieser Maßnahmen und was sie genau bewirken.

Die Hintergründe des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)

Das EEG wurde im Jahr 2000 beschlossen und fördert seither den Ausbau erneuerbarer Energien über die EEG-Umlage

Die erste Version des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, kurz EEG, stammt aus dem Jahre 2000 und soll den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland regeln. Zusammenfassend bestimmt es, dass die Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen eine feste Vergütung pro Kilowattstunde (kWh) Strom erhalten, die sie in das deutsche Stromnetz einspeisen. Diese Vergütung wird bei Inbetriebnahme der Anlage festgesetzt und dann für 20 Jahre garantiert. Diese feste Vergütung wird finanziert durch alle Stromverbraucher in Deutschland – nämlich durch die EEG-Umlage.

Im Laufe der Jahre wurde diese feste Vergütung immer geringer und es wurde immer schwieriger sie überhaupt zu beantragen. Insbesondere wegen flächenmäßiger Beschränkungen hat das zu einem stockenden Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland geführt. Zusätzlich endet aktuell die Förderdauer von 20 Jahren bei vielen Anlagen, weshalb sich ein Weiterbetrieb in manchen Fällen nicht mehr lohnt, und der Rückbau droht. Mehr über den Status quo der erneuerbaren Energien in Deutschland (vor dem Eintritt der aktuellen EEG-Novelle) findest du in unserem diesbezüglichen Blogartikel.

Ursprünglich wurde das EEG auch auf nur 20 Jahre angesetzt (bis zum Rausfallen der ersten Anlagen). Die Bundesregierung versucht nun also schon seit knapp 2 Jahren eine Anschlussregelung zu finden, die die aktuellen Probleme bekämpft. Diese soll mit der aktuellen EEG-Novelle gefunden sein.

Die Maßnahmen der EEG-Novelle im Überblick

Hier sind die Kerninhalte der EEG-Novelle (und der Novelle des Wind-auf-See-Gesetzes und des EEG-Entlastungsgesetzes) im Überblick. Zusätzlich sind Vergleiche zu den vorherigen Regelungen enthalten:

  • Entlastung von Endverbrauchern
    • Abschaffung der EEG-Umlage
    • Stärkere Förderung von privater Stromproduktion (z.B. Solardächer) und Direktbelieferung
    • Transparente Ausweisung von Umlagen auf der Stromrechnung
  • Ambitionierte Ausbauziele
    • Treibhausgasneutralität im Stromsektor bis 2035 (statt 2050)
    • Anhebung des Ausbauziels für erneuerbare Energien bis 2030 auf 80 Prozent
    • Anhebung der jährlichen Ausschreibungsmengen auf 10 Gigawatt (GW) für Windkraft an Land, 20 GW für Photovoltaik (PV/Solarenergie) und 4 bis 9 GW für Wind auf See
  • Bekämpfung von Ausbauhürden
    • Der Ausbau erneuerbarer Energien wird als „überragendes öffentliches Interesse“ festgelegt und als dienlich für die öffentliche Sicherheit
    • Einzelmaßnahmen zur Förderung von Photovoltaik (weniger Flächenbeschränkung, höhere Einspeisevergütung, höhere Innovationsförderung im PV-Bereich)
    • Einzelmaßnahmen zur Förderung von Windkraft auf See (höhere Ausschreibungsmengen, einfacherer Ausschreibungsprozess, Investitionen in den Naturschutz)
    • Stärkung der Bürgerenergie und Bürokratieabbau
    • Finanzielle Beteiligung von Kommunen
    • Förderung von Stromspeichermöglichkeiten

Die Hintergründe der Maßnahmen der EEG-Novelle im Detail

Die EEG-Novelle entlastet die Endverbraucher, setzt ambitionierte Ausbauziele und bekämpft Ausbauhürden

Entlastung von Endverbrauchern

Oft wurde kritisiert, dass die Kosten der Energiewende vor allem von den Privathaushalten und Normalverbrauchern getragen werden müssen. Dieses Problem soll mit der neuen EEG-Novelle behoben werden. Der prominenteste Punkt: Die Abschaffung der EEG-Umlage. Die beträgt aktuelle 3,7 Cent pro kWh. Und genau um diese 3,7 Cent soll der Strompreis für Endverbraucher ab Juli 2022 reduziert werden. Die Kosten der Förderung von erneuerbaren Energien sollen in Zukunft vollständig durch den Bundeshaushalt getragen werden. Stromanbietern ist es außerdem nicht erlaubt, diese Senkung mit einer Erhöhung ihres eigenen Gewinns wieder auszugleichen.

Außerdem wird die private Stromproduktion (z.B. durch Solardächer) gefördert, indem keine Stromumlagen mehr auf Eigenverbrauch und Direktbelieferung anfällt. Insbesondere werden diese Umlagen auch auf den Verbrauch einer Wärmepumpe erlassen.

Ambitionierte Ausbauziele

Ausbauziele sind grundsätzlich ein wichtiges Werkzeug, um die Sinnhaftigkeit von Einzelmaßnahmen abzuwägen, den generellen Fortschritt zu messen und die Regierung in eine Rechenschaftspflicht zu bringen. Wichtig dabei ist, dass grobe Ziele auch immer mit konkreten Maßnahmen verknüpft werden.

Die Treibhausgasneutralität des Stromsektors bis 2035 bedeutet, dass bis 2035 der Strom in Deutschland vollständig aus erneuerbaren Energien stammen muss. Im Vergleich mit dem vorherigen Ziel von 2050 ist das eine Verkürzung um 15 Jahre bzw. um 50 %. Dieses Ziel orientiert sich strikt an dem 1,5-Grad-Klimaschutzgrad und der Empfehlung der Internationalen Energieagentur (IEA). Der 1,5-Grad-Klimaschutzpfad gibt vor, welche Maßnahmen in welchem Zeitraum erforderlich sind, um eine menschengemachte Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad Celsius zu vermeiden. Die USA und Großbritannien haben sich ähnliche Ziele gesetzt.

Im Zuge dessen wurde auch festgelegt, dass dieses Ziel bis 2030 zu 80 % erreicht sein soll. Im Jahr 2021 lag der Anteil erneuerbarer Energien noch bei 42 %. Das bedeutet also, dass innerhalb eines Jahrzehnts dieser Anteil verdoppelt werden muss. Wenn man nun den steigenden Stromverbrauch durch z.B. E-Autos und Wärmepumpen miteinrechnet, müssen im Jahr 2030 572 TWh Strom aus erneuerbaren Energien stammen. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es 225 TWh.

Um dies zu erreichen, wurden auch die Ausschreibungsmengen angehoben. Dies bedeutet, dass mehr Projekte (z.B. der Bau eines Windparks) vom Bund gefördert werden. Für Wind an Land sollen diese bis 2027 auf 10 GW pro Jahr erhöht werden, für PV bis 2028 auf 20 GW und für Wind auf See auf 4 bis 9 GW.

Bekämpfung von Ausbauhürden

Der Ausbau erneuerbarer Energien wird als überragendes öffentliches Interesse und als dienlich für die öffentliche Sicherheit festgelegt. Das bedeutet, dass Ausbauprojekte einen einfacheren und schnelleren Genehmigungsprozess durchlaufen müssen und dabei weniger rechtliche Hürden überwunden werden müssen.

Die Einzelmaßnahmen zur Förderung von PV flankiert den stockenden Ausbau auf vielen Ebenen. Durch eine höhere Förderung von Neuanlagen und einen geringeren Degressionssatz (das bezeichnet die Rate, mit der die Förderung mit der Zeit verringert wird) werden allgemein stärkere finanzielle Anreize zum Bau neuer Anlagen gesetzt. Weiterhin werden mehr Gebiete zum Bau von PV-Anlagen zugelassen und neue Anlagentypen, wie schwimmende Anlagen oder Parkplatzanlagen, besser gefördert.

Auch soll insbesondere die Windkraft auf See gestärkt werden. Zusätzlich zu den Ausbauzielen und dem höheren Ausschreibungsvolumen rücken auch andere Interessen in den Vordergrund. Insbesondere gehört dazu die Bündelung von Umweltprüfungen, was auch wieder den Genehmigungs- und Realisationsprozess vereinfacht und beschleunigt.

In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass insbesondere Kommunen häufig den Bau neuer Anlagen hindern, da sie andere Interessen (z.B. Abstandsregelungen) priorisieren. Durch die Stärkung von Bürgerenergie und eine verstärkte finanzielle Beteiligung von Kommunen soll diese Hürde bekämpft werden.

Auch soll eine weitere große Hürde erneuerbarer Energien angegangen werden: Das Speicherproblem. Da Wind- und Solarkraft nicht so planbar wie fossile Energieträger sind, müssen für eine vollständige Abdeckung effiziente Möglichkeiten zur Stromspeicherung geschaffen werden. Nach der EEG-Novelle soll dies durch die Förderung von Spitzenlastkraftwerken mit Biomasse, speicherfähigen Wasserkraftwerken und Wasserstoffanlagen geschehen.

Zusammenfassung

Die neue EEG-Novelle sieht umfassende Maßnahmen vor, um die Energiewende vielschichtig voranzutreiben. Dies ist ein wichtiger und notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Ukraine-Krise ist ein Umstieg auf erneuerbare Energien der einzige Weg, um unabhängig von Russland und dessen Erdgasversorgung zu werden. Zum Vergleich: 2021 hat Deutschland ca. 25 TWh Strom mit russischem Erdgas erzeugt. Diese Abhängigkeit hindert die Regierung auch an einem stärkeren Durchgreifen im Umgang mit der aktuellen Situation. Gerade deshalb spricht Finanzminister Lindner auch über erneuerbare Energien als „Freiheitsenergien“. shiftee schließt sich dem an, begrüßt die vorgeschlagenen Änderungen und hofft auf eine schnelle Umsetzung.